Als Gemeindepfarrer in Rüdesheim fühlte er sich wohl, doch nach 13 Jahren suchte er eine neue Aufgabe. „Ich wollte gestalten, Strukturen aufbauen, nicht nur verwalten“, erklärt er seine Entscheidung, sich dann doch als Dekan zu bewerben. Ende 2002 wählte man ihn zum Dekan des damaligen Dekanats Bad Schwalbach. Damit gehörte er zu den ersten hauptamtlichen Dekanen der EKHN. „Damals herrschte Aufbruchstimmung“, erinnert sich der 65-Jährige. „Es gab kein ‚Copy und Paste‘ – wir mussten alles neu denken. “
„Von Null an aufbauen“
An die Anfänge kann er sich noch gut erinnern. „Die Dekanatssekretärin Gudrun Bremser und ich waren zunächst die ersten und einzigen hauptamtlichen Mitarbeiter im Dekanat. Alles war unklar und musste von Null aufgebaut werden.“ So auch die Räumlichkeiten. Im ersten halben Jahr nutzten Bremser und er den Kopierraum der Kirchengemeinde Rüdesheim als Dekanatsbüro. Ein halbes Jahr später wurde ein Pfarrhaus in Taunusstein-Bleidenstadt frei und gab dem Dekanat bis 2014 seinen Sitz. Besonders lobt Schmid die damalige Präses Dr. Käte Hoffmann. „Sie hat mir oft den Rücken freigehalten – eine großartige Präses. “Als Dienstvorgesetzter der Pfarrerinnen, Pfarrer und Hauptamtlichen wollte Schmid vor allem „unterwegs sein, bei den Kirchengemeinden“. Für ihn waren die neuen Strukturen eine Möglichkeit, das Evangelium näher zu den Menschen zu bringen. „Wir wollten an die Basis, zu den Menschen“, beschreibt er seine Motivation.
Kinder- und Jugendarbeit enorm wichtig
Schmid setzte Schwerpunkte in Bildung, Kirchenmusik, Ökumene, Öffentlichkeitsarbeit, und besonders in der Kinder- und Jugendarbeit. „Die liegt mir bis heute sehr am Herzen“, betont er. Noch vor der ersten Dekanatsjugendreferentin Connie Gutenstein initiierte er 2003 gemeinsam mit Pfarrer Dr. Jürgen Noack den Dekanatskonfitag. „Kinder und Jugendliche früh mit der christlichen Botschaft in Kontakt zu bringen, gibt ihnen Orientierung fürs Leben“, sagt Schmid.
Zu den Höhepunkten seiner Amtszeit zählt er die großen Gottesdienste im Kloster Eberbach mit bis zu 1.000 Besuchern, die Jahresempfänge mit der Regionalen Diakonie und die Gespräche mit Jugendlichen und Menschen aus dem Vincenzstift. Auch internationale Projekte wie die Einweihung eines Altenkrankenhauses in Crasna, Rumänien, oder dem Gartenbauprojekt in Badacin bleiben ihm in Erinnerung. „Es gab so viele Highlights“, sagt er dankbar.
Dekan als Teamplayer
Schmid versteht sich als Teamplayer. Er begegnet Menschen auf Augenhöhe, sucht den Konsens und entscheidet selten allein. „Ich bin dankbar für die Zusammenarbeit mit so vielen tollen Menschen, für Gespräche über den Glauben und dafür, Menschen in Krisen begleiten zu dürfen“, resümiert er. Doch nicht alles gelang, gibt er zu. So hätte er gerne ein Gesundheitsmanagement im Dekanat etabliert. „Die Arbeit mit Menschen fordert heraus, Seelsorge geht an die Substanz“, weiß er. Hinzu kommt der Wandel der Kirche: „Die Resonanz ist nicht mehr wie vor 30 Jahren, und die Rolle der Pfarrerinnen und Pfarrer verändert sich.“ Auch das Scheitern einer Gemeindeübergreifenden Trägerschaft (GüT) für die Kindertagesstätten, trotz aller Anstrengungen, bedauert Klaus Schmid sehr.
Trotz der Herausforderungen trugen ihn Glaube, Hoffnung und seine Familie durch die Jahre. „Meine Familie musste oft auf mich verzichten“, sagt er. „Das Gebet und die Hoffnung bewahren mich davor, zu verzweifeln. “
Kirche der Zukunft muss hinhören und Verantwortung wahrnehmen
Insgesamt fünf Mal hat sich Schmid der (Wieder)Wahl zum Dekan gestellt. 2016 wurde er Dekan des fusionierten Dekanats Rheingau-Taunus, 2021 ließ er sich zum letzten Mal wählen. Für die Zukunft wünscht er sich eine „Kirche der Freiheit“, die inklusiv ist und sich nicht nur auf wenige Zielgruppen beschränkt. „Wir müssen raus zu den Menschen, ohne nach Herkunft oder Konfession zu fragen“, betont er. Dabei sei man nicht an bestimmte Gebäude oder Gottesdienste gebunden. Die Kirchen müssten gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und ein „positiver Player“ bleiben, besonders für die Demokratie. „Wir brauchen klare Worte gegenüber jenen, die unser christliches Menschenbild nicht teilen, auch wenn sie es behaupten.“ Dieses Menschenbild umfasst Nächstenliebe, Inklusion und den Einsatz für Randgruppen und Menschen in Armut. Jesus selbst habe die Menschen einfach mitgenommen, ohne nach ihrem Hintergrund zu fragen.
Schmid ließ sich sein Leben lang von dem Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer inspirieren. Unter anderem der Satz: „Wir sind Kirche für Andere“, habe ihn geprägt. „Heute meine ich sogar: Wir sind Kirche mit anderen.“ Rückblickend sagt er: „Wir haben versucht, eine Kirche zu sein, die den Menschen nahe ist – in jeder Hinsicht.“
Jetzt freue er sich auf die Ruhe, Familie, Haus, Garten, Freunde und Fahrrad fahren. Mit seinem designierten Nachfolger Pfarrer Norbert Feick sieht der das Dekanat „in guten Händen.“
Propst Oliver Albrecht verabschiedet Dekan Klaus Schmid offiziell am 8. November um 12 Uhr in der Evangelischen Kirche in Taunusstein-Wehen in den Ruhestand, den Schmid dann zum 1. März 2026 antreten wird.
Hintergrund Dekan Klaus Schmid
Pfarrer Klaus Schmid ist Jahrgang 1959 und wurde in Naunheim (bei Wetzlar) geboren. Er studierte Germanistik und Religion auf Lehramt in Gießen und wechselte dann zum Theologiestudium nach Marburg. Dem schloss sich das Vikariat in Lich in Oberhessen an. Ende der 80er Jahre arbeitete er im Rahmen eines einjährigen Auslandspraktikum in der „Zion Lutheran Church“ in Baltimore/Maryland.
Von 1990 bis 2002 war er Gemeindepfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde in Rüdesheim im Rheingau. Von 2002 bis 2016 war er Dekan des Dekanats Bad Schwalbach und wurde 2016 zum Dekan des fusionierten Dekanats Rheingau-Taunus gewählt.