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Ulrike Scherf fordert auf Jahresempfang viel Mut

"Kirche und Diakonie werden anders, als wir uns vorstellen können"

(c) DekanatUlrike Scherf spricht über die Zukunft der KircheUlrike Scherf spricht über die Zukunft der Kirche

Auf dem Jahresempfang der regionalen Diakonie Rheingau-Taunus und des Evangelischen Dekanats Rheingau-Taunus hat die stellvertretende Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) Ulrike Scherf eine ehrliche Analyse der gegenwärtigen Situation von Kirche und Diakonie aufgezeichnet.

(c) DekanatDas Duo "lässig" (Tohmas Wächter und Stefan Varga) reißt mit seiner Folkmusik die Zuhörer jedesmal mit. Links spielt eine Mann Akkordeon, rechts ein Mann Gitarre.Das Duo "lässig" (Tohmas Wächter und Stefan Varga) reißt mit seiner Folkmusik die Zuhörer jedesmal mit

„Es gelingt der Kirche nicht mehr, die Botschaft, für die die Kirche steht, so zu kommunizieren, dass sie in den Bedürfnissen der Menschen unter den Bedingungen der Gegenwartsgesellschaft wirklich Widerhall findet“, zitierte sie anfangs den tschechischen Soziologen und katholischen Theologen Tomáš Halík. Bei allen Veränderungen bleibe es aber auch in Zukunft der Auftrag der Evangelischen Kirche, „Menschen auf ihrem Weg zu begleiten und zu unterstützen, im Leben und im Sterben: Durch gemeinsames Feiern, mit Seelsorge und Segen, mit Orten für Gespräch und Diskurs und im diakonischen Handeln.“

Nicht erst seit Bekanntwerden der Ergebnisse der ForuM-Studie zur Aufarbeitung von sexueller Gewalt in der Evangelischen Kirche befinde sich die Kirche in einer tiefgreifenden Krise, so Scherf. Gesellschaftlicher Relevanzverlust und schwindende Mitgliederzahlen stellten die evangelischen Landeskirchen und damit auch die EKHN vor große Transformationserfordernisse. „So kann es nicht weitergehen“, konstatierte die stellvertretende Kirchenpräsidentin im Bürgerhaus „Taunus“- in Taunusstein Hahn. „Die Zukunft von Kirche und Diakonie wird anders, als wir es uns bislang vorstellen können“, prognostizierte sie vor den gut 100 Gästen aus Gesellschaft, Kirche und Politik.

Kirche und Diakonie haben stabilisierende Rolle für Gesellschaft

Die jüngsten Untersuchungen, wie die Freiburger Studie oder die repräsentative Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) zeigten bei allen schmerzhaften Einsichten aber auch auf, dass „die Kirchen weiterhin eine stabilisierende Rolle für den Zusammenhalt der Gesellschaft haben und dies ihnen von weiten Teilen der Bevölkerung zugetraut wird.“ Es bestehe sogar vielmehr die Erwartung, dass „Kirchen und kirchliche Institutionen in einer Gesellschaft ihre Stimme für Schwache oder gesellschaftlich Marginalisierte erheben sollten und Hilfsangebote bereitstellen.“

Dass Menschen Unterstützung und Beratung finden, so wie es die Diakonie auch hier in der Region anbiete, sei eine „wesentliche Ausdrucksform von Kirche und zentral für die Wahrnehmung kirchlichen Handelns in der Gesellschaft.“

Mehr Raum für Innovation und Experimente

Ulrike Scherf sieht in allen Schwierigkeiten und Notwendigkeiten, aber auch eine Chance, die Botschaft von der Menschenliebe Gottes in veränderter Weise zur Geltung zu bringen – „wo alte Selbstverständlichkeiten schwinden, kann Raum für Innovation und Experiment entstehen.“

So wolle die EKHN diesen Raum für Innovationsprojekte mit über 3 Millionen Euro künftig fördern. Im Vergabegremium sollen deshalb auch Mitglieder aus Kirche und Diakonie sowie Kultur, Wirtschaft und Politik mitwirken – damit möglichst unterschiedliche Perspektiven vertreten seien. Zudem habe die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau vier halbe Pfarrstellen für digitale Gemeindearbeit beschlossen. „Hier sollen sich Gemeindepfarrer mit einem Teil Ihrer Arbeitszeit dieser Aufgabe widmen können und ausprobieren, wie das gehen kann, digital Kirche zu sein.“

„Wir brauchen neben denen, die bewahren auch diejenigen mit dem Mut, die Möglichkeiten – auch temporärer Art, ausfindig machen und Risiken in Kauf nehmen“. betonte sie die Wichtigkeit von Mut. „Innovation ist eine Führungsaufgabe“, machte Scherf als Mitglied der Kirchenleitung deutlich. Dazu gehöre auch der Schutz der Innovatoren vor den zahlreichen Besitzstandswahrern des alten Systems.

Innovative Aktionen - auch in der Region

Mutige und innovative Aktionen seien in der ganzen EKHN zu erkennen, auch in der Region, freute sich die stellvertretende Kirchenpräsidentin. Etwa mit der PopUp Aktion „einfach heiraten“ am 24. April 2024 ab 16 Uhr rund um die Idsteiner Unionskirche. Auch in diesem Jahr werden wieder etliche Kirchengemeinden Tauffeste Open Air anbieten und so auch anderen Zielgruppen ermöglichen zur großen christlichen Gemeinschaft zu gehören. Beispiele wie die Taunussteiner Friedenswerkstatt, „einen Projektchor mit Nachbarschaftsraumhymne, Kirchenbänke werden zersägt – Bauwagen gebaut. Eine Jugendkirche soll entstehen“, nannte Scherf als weitere regionale Aktionen.

„Kirche ist ja viel mehr als Sonntagsgottesdienst und Bibelkreis. Sie ist da, wenn Menschen, und sei es auch nur punktuell, etwas von Gottes Liebe in ihrem Leben spüren können, “ erklärte Ulrike Scherf und verwies auf die spontane Segnungsaktion in Frankfurt auf der Zeil aber auch die Segensagentur „mainsegen“. Solche Aktionen zeigten: „Kirche ist mitten in der Gesellschaft präsent und bringt sich ein mit der Botschaft von Gottes Menschenliebe.“

Zukunftsvisionen

Zum Schluss ihrer Ansprache gab Ulrike Scherf noch einen Einblick in ihre persönliche Hoffnung von der Zukunft der Kirche und Diakonie: „Die EKHN ist mutiger geworden. Menschen probieren Neues aus, machen Fehler, lernen daraus und riskieren einen neuen Versuch.“ Die Diakonie und die Kirche würden zukünftig von Ankermenschen leben, also von Menschen, „die im Glauben verankert sind, die für das Evangelium brennen.“ Generell werde die EKHN diakonischer sein. „Sie hört hin, was Menschen im Sozialraum brauchen und gestaltet mit ihnen Kirche. Kirche ist erkennbar in der Kita, im Altenheim, im Familienzentrum, im Hospiz. Menschen, die von Gewalt, Not und Leid betroffen sind, werden unterstützt und erleben: „mir wird zugehört, ich bin ernst genommen, hier ist ein guter und sicherer Ort für mich.“ „Es wird das geben, wofür die Menschen vor Ort brennen. Anderes nicht. Vieles ist aufgegeben, wurde gelassen.“

Musikalisch gestaltet das Duo „Lässig“ mit Dekanatskantor Thomas Wächter (diatonisches Akkordeon) und Stefan Varga (akustische Gitarre) den Abend. Das neu gegründete Duo spielte Folk aus dem Westen Europas, wie aus der Bretagne, Zentralfrankreich, Flandern und von der Britischen Inseln. „Wir machen bodenständige Tanzmusik, kitschfrei und grenzüberschreitend, handgemacht mit viel Raum für spontanes Musizieren, direkt und ungefiltert“, erzählte Kantor Thomas Wächter zu Beginn. Und tatsächlich: Mit ihrer lebendigen und sehr rhythmischen Folkmusik brachten sie viele der Zuschauer zum Mitwippen und sogar zum Klatschen. Den einen oder die andere hielt es zum Schluss tatsächlich nicht mehr auf dem Stuhl, und tanzte dezent im Hintergrund zur mitreißenden Musik mit.

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